PROJEKT 2007/08 – Erscheinungen des Sakralen – TEILPROJEKTE

Vermittelte Religion.
Zum Verhältnis von Pfarrer und Volk im Norddeutschland des 19. Jahrhunderts

Andreas Reucher

Ein junger evangelische Pfarrer des 19. Jahrhunderts befand sich als »Vermittler des Religiösen« in einer eigentümlichen Stellung zwischen einem kontrovers diskutierten theologisch-kirchlichen Amtsverständnis, der (sich noch ausbildenden) eigenen Konzeption als Christ, Geistlicher und Bürger sowie den Ansprüchen und Eigentümlichkeiten der Gemeinde, in der er diente. In zahlreichen Lebenserinnerungen stellen Pfarrer diese Zeit der ersten Berufsjahre, die meist zugleich Jahre der Familiengründung waren, als einen wesentlichen Lebensabschnitt heraus und behandeln ihn entsprechend ausführlich. So bilden autobiographische Texte meine Quellengrundlage für die Fragen nach dem »geistlichen« Selbstverständnis junger Pfarrer zwischen Studium und ersten Amtsjahren, nach dem Spannungsfeld zwischen diesem Selbstverständnis und den Erfahrungen in und mit der Gemeinde sowie schließlich nach der gelebten (und vor-gelebten) Religiosität im Alltag. Der Sitz des Religiösen im Leben und Alltag einfacher Menschen – in einer von vielfältigen politischen, gesellschaftlichen und religiösen Umbrüchen, aber auch dauerhafteren Traditionselementen geprägten Zeit – soll so an norddeutschen Beispielen herausgearbeitet werden.